Das VIENNA IMPROVISERS ORCHESTRA (VIO) setzt gemeinschaftliche Handlungsräume – so auch für das Konzertunfolding poetic vision(s) on common ground.Im Moment der Aufführung entsteht das Werk. Die Musiker*innen und der Dirigent als „instant composition conductor“ arbeiten dabei eng zusammen und stehen in fortwährendem musikalischem Dialog. In geteilter Verantwortung und in jedem Moment verhandeln sie so die gemeinsame Route, die sie begehen: Jede Initiative ergibt einen Perspektivenwechsel, der neue Aktionsoptionen für den poetischen Raum öffnet. Gleichschwebende Aufmerksamkeit und multidirektionale Dialogbereitschaft sind zentrale Elemente dieser prozessorientierten Zusammenarbeit.
Mit seiner Praxis bespielt das VIO seit 2004 einen speziellen Diskurs der experimentellen Komposition und der komplexen improvisierten Musik für Großensembles. Musiker*innen und Dirigent entwerfen gemeinsam Momentkompositionen, die im Oszillieren von Ensembleimprovisation und strukturgebendem Dirigat – „instant composition conducting“ – entstehen. Eine Praxis, die mit Entwicklungen von Komponisten wie Bruno Maderna, John Zorn und vor allem der New Yorker Loft-Scene-Legende Butch Morris in Verbindung steht, vom VIO jedoch absolut und ausschließlich ad hoc verfolgt wird. Auf diese Weise schafft das VIO ein Terrain für einen unvorhersehbaren Raum des klanglich Möglichen, potenziert durch die Tatsache, dass jedes Konzert in immer neuen Ensemblekonstellationen entsteht und meist zumindest eine*n neue*n Mitwirkende*n miteinbezieht. In einem komplexen inhaltlichen und interpersonellen Beziehungsgeflecht wird ein Spannungsfeld selbstreferenzieller und kollektiver Formulierung und Gestaltung von Verlauf und Textur eröffnet. Seit seiner Gründung exploriert das VIO den Möglichkeitsraum des „instant composition conducting“als klanglich-visionäre Praxis und musikalische Utopie und feiert mit diesem letzten Konzert seiner Reihe VIO 2024 / 20 Jahre im brut Wien noch mal sein zwanzigjähriges Bestehen.